OVG BERLIN

Der Bundestag muss die „UFO-Unterlagen“ seiner Wissenschaftlichen Dienste nicht offenlegen, entschied heute das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg.

 

 

von Robert Fleischer

 Ausarbeitungen der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags unterliegen nicht dem Informationsfreiheitsgesetz, sofern diese der unmittelbaren Unterstützung der Abgeordneten dienen. Das entschied heute der 12. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg. Das Informationsfreiheitsgesetz finde nur dann Anwendung, wenn es sich um „öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben“ handele. Zuarbeiten der Wissenschaftlichen Dienste für Bundestagsabgeordnete hingegen hätten einen „engen Mandatsbezug“ und seien damit Bestandteil der parlamentarischen Tätigkeit, die wiederum vom IFG ausgeschlossen ist.

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Nicht nur in Sachen UFO-Unterlagen erteilte das OVG heute der Informationsfreiheit eine Absage. In einem weiteren Prozess direkt im Anschluss beschäftigte sich das Gericht mit dem IFG-Antrag eines Journalisten der WELT. Dieser hatte ebenfalls Einsicht in Unterlagen der Wissenschaftlichen Dienste gefordert, um herauszufinden, an welchen Stellen sich der ehemalige Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg für seine eigene Doktorarbeit bedient haben könnte. Genau wie im Fall der UFO-Unterlagen wies das OVG sein Einsichtsbegehren heute ab.

Zuletzt hatte sich der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Peter Schaar, für die Veröffentlichung der UFO-Ausarbeitung ausgesprochen. Im Parlament gehe es schließlich darum, die Grundlagen von Entscheidungen  transparent zu machen, sagte er in der 3sat-Sendung Kulturzeit. Dies bedeute auch, „dass Gutachten, die beim Wissenschaftlichen Dienst in Auftrag gegeben und mit Steuermitteln bezahlt worden sind, der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.“ (siehe auch: Deutsche UFO-Akten: Bundestag kämpft gegen Freigabe)

Dieser Auffassung folgte das OVG Berlin-Brandenburg heute nicht. Offenbar wiegt der in einem Rechtsgutachten des Bundestags geforderte „Informationsvorsprung“ des Abgeordneten gegenüber den Bürgern schwerer für die Demokratie als Regierungstransparenz gegenüber dem Steuerzahler.

Kläger Frank Reitemeyer gibt sich dennoch nicht geschlagen. Zur Stunde prüft er gemeinsam mit seiner Rechtsanwältin die nächsten juristischen Schritte. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die Revision beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zugelassen.

+++ 2. Update – 14.11.2013, 15:30 Uhr +++

Inzwischen haben mehrere Medien das Gerichtsurteil aufgegriffen. Hier eine Übersicht:

N-TV berichtet: UFO-Studie des Bundestages bleibt geheim. Der Artikel ist von dpa übernommen. Das Rechtsmagazin Legal Tribune widmet dem Urteil einen Artikel auf seiner Seite und berichtet fälschlicherweise, ein Bundestagsabgeordneter hätte auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes Einsicht in die Unterlagen der Wissenschaftlichen Dienste gefordert. Ein Bundestagsabgeordneter, liebe Legal Tribune, braucht kein IFG, sondern er bekommt die Ausarbeitungen einfach so – genau darum ging es doch beim Prozess. „Was wird da verheimlicht?“, wundert man sich beim Berliner Kurier – ebenso wie der Journalist Henryk M. Broder in seiner Kolumne für die WELTWOCHE (nachzulesen auf seiner Seite achgut.com): „Für die Weigerung, das UFO-Dossier des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages herauszurücken, kann es nur einen glaubwürdigen Grund geben: Der Bundestag ist ein UFO und seine Verwaltung besteht aus Aliens.“ Der bekanntermaßen skeptisch eingestellte Journalist Bernd Kramer berichtete für die TAZ über den Prozess – er hat den Prozess vor Ort persönlich beobachtet und eine nett zu lesende Reportage mit amüsanten humanozentrischen Einwänden fabriziert. Andreas Müller hingegen konstatiert in seinem Debütartikel für die Huffington Post: „Deutschland hat ein UFO-Problem“ und zählt neben zahlreichen Belegen für staatliche UFO-Forschung weltweit auch ein Interview mit dem ehemaligen Lufthansa-Chefpiloten Werner Utter auf, der sich seine eigenen UFO-Sichtungen bis zu seinem Tode nicht erklären konnte.

Auch der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar, hat von der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg erfahren. Auf Twitter forderte er eine Reform des Informationsfreiheitsgesetzes: „Ein Thema für die #IFG Novelle!“. 

Ein ausführlicher Bericht über den Prozess ist für die kommende Ausgabe des ExoMagazins geplant.

Weitere Informationen:

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