Fast 50 Jahre ist es her, dass Astrophysiker erstmals versuchten, Kontakt mit außerirdischen Intelligenzen herzustellen. Bei SETI – so der Name des Projekts – suchen Radioastronomen bestimmte Bereiche des elektromagnetischen Spektrums nach fremden Funksignalen ab. Millionen von US-Dollars wurden bislang investiert – doch ET will einfach nicht zurückfunken. Kann es sein, dass die SETI-Wissenschaftler etwas Wichtiges übersehen haben?

 

 

Von Robert Fleischer

Potsdam – Der große Hörsaal des Astrophysikalischen Instituts ist prall gefüllt. Hoher Besuch aus Amerika ist da. Er sitzt in der ersten Reihe und lauscht dem Vortrag eines Nachwuchswissenschaftlers über bewohnbare Zonen im Universum. Prof. Drake wirkt erstaunlich fit, wenn man bedenkt, dass er schon 78 und gerade erst eingetroffen ist. Jeder Normalsterblicher an seiner Stelle trüge wohl deutliche Anzeichen von Jetlag. Doch Drake ist kein Normalsterblicher. Er ist eine Legende.

1961 präsentierte er der Fachwelt erstmals eine Gleichung zur Bestimmung der Frage, ob es – außer uns, natürlich  – noch weitere intelligente und kommunikationsbereite Zivilisationen da draußen gibt. Anhand von astrophysikalischen Faktoren hatte Drake errechnet, dass es allein in unserer Milchstraße circa 10.000 Spezies geben müsse, die genau wie wir über Kommunikationssysteme verfügen und möglicherweise gesprächsbereit wären. Anders gesagt: die Wahrscheinlichkeit, dass es im All vergleichbar intelligentes Leben gibt, beträgt laut Drakes Gleichung fast 100 Prozent.

Ermutigt durch diese Zahl begann Drake wenig später den ersten Kontaktversuch. Mit einem Radioteleskop fahndeten er und seine Kollegen nach Funksignalen aus dem All. Sogar ein Tonbandgerät hatten sie angeschlossen, um die außerirdischen Stimmen aufzunehmen. Leider blieb das Band leer.

Bald schon merkten die Forscher, dass die Mission Erstkontakt sich schwieriger gestaltete als anfangs gedacht. Denn man muss wissen, dass ständig allerlei Funksignale auf der Erde ankommen. Pulsare und andere Phänomene erzeugen ein ständiges Hintergrundrauschen im elektromagnetischen Spektrum des Universums. In diesem Frequenz-Wirrwarr das „richtige Signal“ zu finden gleicht der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen.

Die Aliens sollen auf der richtigen Frequenz zurückfunken

Drake stellte alsbald neue Überlegungen an: Im Mikrowellenbereich, ergaben die Messungen, ist das permanente Hintergrundrauschen des Universums am geringsten. Sollte es da draußen also eine Intelligenz geben, die auch nur annähernd so schlau ist wie wir, dann müsste auch sie die Vorzüge des Mikrowellenspektrums zur interstellaren Kommunikation entdeckt haben. Folglich begannen Drake und seine Kollegen bei SETI, verstärkt in diesem Bereich zu suchen.

Um das außerirdische Signal überhaupt als solches zu bemerken, dachten die Forscher sich ein Raster aus: Das „Big-Ear“-Teleskop konnte jeden Punkt entlang der Erdrotation genau 72 Sekunden lang erfassen. Folglich war die erste Anforderung an das ET-Signal, dass es exakt 72 Sekunden lang registriert werden müsse. Außerdem sollte es eine geringe Bandbreite aufweisen, also nur innerhalb eines engen Frequenzspektrums existieren, und es sollte eine hohe Intensität aufweisen. Nach diesen Gesichtspunkten ging die Suche weiter. 1971 stieg sogar die NASA ein, doch die Fahndung nach ET blieb – Sie ahnen es – weiterhin erfolglos.

Im Jahr 1974 beschlossen Drake und sein Kollege Carl Sagan, nicht mehr länger nur passiv nach Signalen zu suchen, sondern selbst etwas zu übermitteln. Woher sollten die Aliens sonst wissen, dass die Menschheit Kontakt wünschte? 2 Tage und 2 Nächte grübelten die beiden, und heraus kam eine erstaunlich elegante Folge von Einsen und Nullen. Richtig aneinandergereiht ergeben sie eine Binärbotschaft, welche in 1679 Zeichen einige Informationen über uns Menschen verschlüsselt – dazu gehören der Aufbau unserer DNS-Doppelhelix, die menschliche Gestalt sowie die Position der Erde als drittem Planeten in unserem Sonnensystem. Zur Übermittlung wählten die beiden das Arecibo-Radioteleskop auf Puerto Rico – mit 300 Metern größte und leistungsstärkste Radioteleskop, das die Menschheit damals zu bieten hatte. Nun stand dem ersten Kontakt nichts mehr im Wege.

Eine Funkbotschaft aus dem All?

Tatsächlich registrierte das Big Ear Radioteleskop der Ohio State University am 15. August 1977 ein vielversprechendes Signal. So vielversprechend war es, dass der damals zuständige Astronom Jerry Ehman in großen roten Lettern „WOW!“ auf den Computerausdruck kritzelte, bevor er hastig aufsprang, um seinen Kollegen davon zu berichten. Mit der engen Bandbreite und Dauer von 72 Sekunden entsprach die Botschaft genau den von Drake festgelegten Kriterien für ein echtes außerirdisches Signal. Die SETI-Gemeinde stand Kopf – und die Nachricht vom „WOW-Signal“ ging um die ganze Welt.

Doch leider hatte die Sache einen Haken: Die wissenschaftliche Methodik gebietet es, dass ein nachzuweisendes Phänomen gleich welcher Art reproduzierbar sein muss. Als das Big-Ear Teleskop 24 Stunden später wieder in denselben Quadranten hineinlauschte, war das Signal jedoch verstummt. Auch in den folgenden Wochen und Monaten ließ ET nichts mehr von sich hören. Katerstimmung machte sich breit.

Viele Jahre gingen ins Land. Längst war die Regierung aus dem Projekt ausgestiegen, und jene, die damals begeistert über die fantastischen Möglichkeiten außerirdischer Korrespondenz nachgedacht hatten, waren inzwischen erwachsen und „vernünftig“ geworden. An die Botschaft von Arecibo dachte schon längst keiner mehr.

Die Botschaft von Chilbolton

Doch dann, im August 2001, geschah etwas, womit niemand gerechnet hätte – weder Befürworter noch Skeptiker von SETI. In einem Kornfeld im Südosten Englands tauchte eine längliche Formation auf – direkt neben einem Radioteleskop. Niemand hatte mitbekommen, wie sie dort hingekommen war – sie tauchte einfach auf. Die Formation war rechteckig, bestand aus 1679 einzelnen Feldern  und erinnerte auch sonst stark an die Arecibo-Botschaft aus dem Jahr 1974 – mit einigen wichtigen Ausnahmen.

An Stelle der menschlichen Doppelhelix war in der Formation eine Triple-Helix getreten. Die „Botschaft“ zeigte eine andere, unbekannte Planetenkonstellation. Der wichtigste Unterschied zum Original prangt jedoch unübersehbar im unteren Drittel der Botschaft: An Stelle eines Männchens mit ausgestreckten Armen und Beinen ist dort ein Wesen mit großen Kopf und kugelrunden Augen zu sehen. Es wirkt kleiner als die Menschenfigur der Arecibo-Botschaft und – sagen wir es gerade heraus – auch etwas untersetzt. Den weiteren Inhalt der „Chilbolton-Botschaft“ hat der deutsche Kornkreisforscher Andreas Müller in seinem vielbeachteten Buch „Phänomen Kornkreise“ ausführlich analysiert.

So unfassbar die Formation auch erschien – bei SETI jedenfalls riss sie niemanden vom Hocker. „Ein toller Spaß und ein nettes Beispiel für Getreidegraffiti„, heißt es in der offiziellen Stellungnahme aus dem Jahr 2004. Es fehle an überzeugenden physikalischen Beweisen dafür, dass eine außerirdische Intelligenz dafür verantwortlich sei. Die Frage muss erlaubt sein: Wie sollten diese physikalischen Beweise aussehen, damit sie auf Wissenschaftler überzeugend wirken?

Zeit um Fragen zu stellen

Und nun, fast acht Jahre nach Erscheinen der Chilbolton-Formation, sitzt der Urheber der Original-Botschaft vor mir. Prof. Drake wirkt in den späten Nachmittagsstunden dieses 27. Mai doch etwas erschöpft, doch er versucht sich nichts anmerken zu lassen. Er ist ein Mann mit messerscharfer Logik und eiserner Disziplin. Ein echter Wissenschaftler eben.

Als er die SETI-Methodik beschreibt, offenbart Drake ein Weltbild, in dem nur dann etwas existiert, wenn der menschliche Verstand es sich vorstellen kann. Auf meine Frage, woher er wissen könne, dass die Außerirdischen sich per Funk melden würden, antwortet er, dass dies die „bevorzugte Methode zur interstellaren Kommunikation“ im Weltall sei. Auch die enge Beschränkung der SETI-Suche nach Signalen im Mikrowellenbereich sei gerechtfertigt, denn dort ist das kosmische Hintergrundrauschen schließlich am geringsten. Darum, so Drake, „werden die Außerirdischen genau wie wir diesen Bereich zur Kommunikation nutzen.

Die vielen Vorannahmen von SETI über die Denkweise und den Technikstand der Außerirdischen sind schon oft als wissenschaftlich unhaltbar kritisiert worden – zu Recht, denn Worte wie „bevorzugt“ verraten, dass Drake von etwas ausgeht, was er streng wissenschaftlich gesehen gar nicht wissen kann. Als ich ihn auf die Formation von Chilbolton anspreche, wird er plötzlich hellwach.

Prof. Drake über die Formation von Chilbolton

Ein kleiner Exkurs zu wissenschaftlicher Methodik

Der Quantenphysiker und ehemalige Direktor des Max-Planck-Instituts für Physik, Hans-Peter Dürr, verwendete bei einem äußerst sehenswerten Vortrag über ganzheitliche Physik eine Parabel, um die Beschränkungen der heutigen wissenschaftlichen Methodik zu beschreiben:

Ein Fischer, der auf hoher See seine Netze einholt, bemerkt eines Tages, dass alle von ihm gefangenen Fische länger sind als fünf Zentimeter. „Aha – ein Naturgesetz!“, sagt sich der Fischer, „Alle Fische sind größer als fünf Zentimeter“.
Auf dem Heimweg trifft der Fischer einen Philosophen. Stolz berichtet er ihm von seiner Entdeckung. Doch der Philosoph bleibt skeptisch: „Wie groß sind denn die Maschen Deines Fischernetzes?“ – Der Fischer kramt sein Netz hervor und schaut nach: „Fünf Zentimeter.“
– „Siehst Du“, entgegnet der Philosoph, „mit diesem Netz kannst Du gar nichts einfangen, was kleiner ist als fünf Zentimeter. Du kannst also gar nicht wissen, ob alle Fische größer als fünf Zentimeter sind.“
– Darauf der Fischer: „Was kleiner ist als fünf Zentimeter, ist kein Fisch.“

Das Fischernetz des SETI-Projekts ist äußerst grobmaschig geknüpft:

  • Da eine gleichzeitige Suche nach Signalen im gesamten auf der Erde empfangbaren elektromagnetischen Spektrum technisch unmöglich ist, beschränken sich SETI-Forscher auf das Mikrowellenspektrum – in der Hoffnung, auch die Außerirdischen mögen die Vorzüge dieses Bereiches erkennen und nutzen. Alles, was auf anderen Frequenzen gesendet wird, fällt einfach durch die Maschen.
  • Elektromagnetische Wellen breiten sich mit Lichtgeschwindigkeit aus. Ein von der Erde ausgesandtes Signal würde beispielsweise rund 50 Jahre benötigen, um zu 51 Pegasi zu gelangen, einem der nächstgelegenen Sonnensysteme mit bekannten Exoplaneten. Umgekehrt müssten dort lebende Außerirdische vor genau 50 Jahren eine Botschaft ausgesendet haben, damit wir sie heute empfangen könnten. Eine Botschaft-Antwort-Kommunikation würde also rund 100 Jahre dauern. Ist das träge elektromagnetische Spektrum tatsächlich die „bevorzugte Methode zur interstellaren Kommunikation„?
  • Rund 13,7 Milliarden Jahre soll das Universum nach Kenntnisstand der Wissenschaft bereits existieren – doch das Alter des „intelligenten“ Homo Sapiens wird durch Datierung von Fossilienfunden auf gerade mal rund 200.000 Jahre geschätzt. Und erst vor 50 Jahren haben wir Menschen begonnen, ins Weltall zu funken. Dass intelligentes Leben auf anderen Planeten sich bereits lange vor dem Auftauchen des Homo Sapiens auf der Erde entwickelt haben könnte, gilt unter Astrophysikern als unumstritten. Könnte es sein, dass die Kommunikation im elektromagnetischen Spektrum nur eine von zahlreichen Methoden ist? Oder anders gefragt: Verfügen weiter entwickelte Spezies möglicherweise über ganz andere Kommunikationswege als wir?

Im Angesicht der unendlichen Weiten des Universums kann grundsätzlich gar nichts ausgeschlossen werden – auch nicht, dass die Formation von Chilbolton eine echte Antwort von Außerirdischen darstellt, die über andere technische Möglichkeiten verfügen als wir. Es wäre also angebracht gewesen, die Formation von Chilbolton zumindest erst einmal ernsthaft zu untersuchen, statt sie pauschal vom Tisch zu fegen. Zudem sollte man eines wissen: Kommunikation jenseits konventioneller elektromagnetischer Wellen ist keineswegs lächerlich. Sie ist Realität.

2001: Das Jahr der neuen Kommunikationswege

Bereits am 27. Oktober 2001 präsentierte der Physiker Hartmut Müller den staunenden Besuchern der IT- und Medientage in Bad Tölz die sogenannte G-Com-Technologie. Sie kommt ohne elektromagnetischen Sender und ohne elektromagnetischen Empfänger aus. Im Gegensatz zu herkömmlichen Methoden erzeugt das „G-Com“ keine künstliche elektromagnetische Trägerwelle, sondern moduliert die Sprachinformation auf sogenannte stehende Wellen auf, die in der Natur bereits präsent sind. Als „Sendeanlage“ dienen sogenannte „G-Elemente“ – elektromagnetisch vollständig isolierte Metallbüchsen, die piezoelektrische Nanokristalle und einen Resonator enthalten. Der Stromverbrauch der gesamten Anordnung beläuft sich auf deutlich weniger als 1 Watt – dennoch gelang Müller damit eine Sprechverbindung von Bad Tölz nach St. Petersburg – eine Distanz von immerhin 2.500 km.

     

Laut Hartmut Müller ist es dabei unerheblich, wo sich der Gesprächspartner befindet. Die übermittelte Information benötigt in jedem Falle gleich viel Zeit – einige Millisekunden – und zwar unabhängig davon, ob der Empfänger in St. Petersburg oder auf dem Mars sitzt. Die G-Com-Technologie sei darum geradezu prädestiniert für interstellare Kommunikation, heißt es in einem Pressebericht aus dem Jahr 2001. Sie setzt ein erweitertes Verständnis über den Aufbau des Universums voraus. Auch die Lokalpresse und der Fernsehsender SAT.1 berichteten damals über das spektakuläre Experiment. Dass Kommunikation jenseits des elektromagnetischen Spektrums nicht nur vorstellbar ist, sondern bereits heute funktioniert, ist seit dem Bad Tölzer Experiment von 2001 bewiesen.

Doch SETI lauscht weiter nach Funksignalen

Als Prof. Drake an der Universität Potsdam ans Rednerpult tritt, wird ihm ein großer Blumenstrauß überreicht. Es ist sein 79. Geburtstag. Rund eineinhalb Stunden klärt er die Zuhörer über die Meilensteine des SETI-Projekts auf. Über habitable Zonen im Universum, die Wahrscheinlichkeit von intelligentem Leben im Universum, über die Vorzüge dieser und jener Radioantenne. Er schließt seinen Vortrag mit den Worten: „Wir machen Fortschritte, aber es gibt Herausforderungen„.

Fortschritte – damit ist unter anderem der Bau eines 25 Millionen US-Dollar teuren Radioobservatoriums im Nordosten von San Francisco gemeint. Vielleicht, so hofft Drake, wird es mit dieser neuen Anlage endlich gelingen, ET ans Funkgerät zu bekommen. Andere jedoch zu überzeugen, dass diese Hoffnung berechtigt ist – darin liegt die Herausforderung.

Um es klar zu sagen: Die andauernde Erfolglosigkeit des SETI-Projekts, die offenbar auf eine Überzahl humanozentrischer Ausschlusskriterien zurückzuführen ist, darf nicht länger als Argument gegen die Existenz Außerirdischer herhalten. Vielmehr ist es an der Zeit, dass die SETI-Forscher sich für neue Ideen interstellarer Kommunikation öffnen. Erste vielversprechende Tendenzen gibt es bereits in der SETI-Gemeinde – zum Beispiel die Suche nach optischen Laserimpulsen als mögliches Trägermedium außerirdischer Kommunikation.

Doch ebenso klar muss auch gesagt werden: Wir haben Prof. Drake und dem SETI-Projekt viel zu verdanken. Schließlich hat er es geschafft, die westliche Hemisphäre ernsthaft für die Idee zu begeistern, dass wir nicht der einzige „Zufall“ im Weltall sind. Für diesen unschätzbaren Dienst an der Evolution menschlichen Bewusstseins wird Prof. Drake in die Geschichte eingehen – so oder so.

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