Dass UFOs wirklich existieren, ist für die US-Presse plötzlich eine Selbstverständlichkeit – dank einer perfekt orchestrierten Medienkampagne. Was steckt dahinter?
von Robert Fleischer
Eigentlich könnte man dieser Tage eine Flasche Sekt aufmachen und sich darüber freuen, dass die vergangenen 12 Jahre nicht umsonst waren. Die lang von uns und vielen anderen geforderte offizielle Bestätigung, dass das UFO-Phänomen real ist, dass sich eine Intelligenz dahinter verbirgt, dass das Militär es sehr ernst nimmt und weit mehr darüber weiß, als man der Öffentlichkeit sagt – all dies ist wahr geworden. Inzwischen hört man sogar bei Fox News, dass die US-Regierung UFO-Trümmerteile in ihrem Besitz hat. Doch nun tun sich weitere wichtige Fragen auf.
Seit dem 16. Dezember 2017 lässt sich das, was bis dahin als Verschwörungstheorie galt, einfach nicht mehr weg reden. Zeitgleich vermeldeten die New York Times, die Washington Post, Politico sowie zahlreiche andere führende US-Leitmedien damals, dass das US-Verteidigungsministerium von mindestens 2007 bis 2012 geheime UFO-Untersuchungen angestellt hatte – zu einer Zeit, als das US-Militär nach außen hin stets jegliches Interesse an UFOs abstritt, mit Verweis auf das berühmte staatliche Forschungsprojekt Blue Book, das 1969 angeblich mangels irgendwelcher Erkenntnisse eingestellt worden war. (Über die Hintergründe habe ich hier sowie in meinem Vortrag „Geheime UFO-Forschung im Pentagon“ berichtet).
Der frühere Leiter dieses Programms namens AATIP (Advanced Aerospace Threat Identification Program) ist der Militärgeheimdienstmitarbeiter Luis Elizondo. Seit er beim Pentagon gekündigt hat, arbeitet er gemeinsam mit dem früheren Rockstar Tom DeLonge an einer Unternehmung namens „To The Stars Academy“ – einer Firma, die seltsamerweise Zugang zu früher geheimen UFO-Informationen der US-Regierung hat und aufs Engste mit dem US-Geheimdienstapparat und Unternehmen aus dem militärisch-industriellen Komplex verknüpft ist.
Bereits im Dezember 2017 kündigte Elizondo weitere Enthüllungen an. Dann wurde es relativ still um ihn. Doch nun läuft die Medienkampagne wieder auf Hochtouren.
„Unidentified“ heißt die neue Serie auf dem History Channel, in der Luis Elizondo die Hauptrolle spielt und erstmals militärische Augenzeugen über wichtige UFO-Begegnungen während ihres Dienstes berichten.
Der Start der Serie am 1. Juni war im Vorfeld durch eine ungewöhnlich hohe Anzahl von Presseberichten zum Thema angeteasert worden. So lieferte Newsweek beispielsweise am 17. April 2019 eine ganze Liste glaubhafter UFO-Sichtungen.
Ab dem 23. April 2019 berichteten u.a. Politico, Washington Post, Fox News und zahlreiche andere führende US-Medien, dass die US-Marine nun neue Leitlinien zur Meldung von UFO-Zwischenfällen einführen will. Demnach würden unidentifizierte Fluggeräte mehrere Male pro Monat in militärisch gesperrten Luftraum eindringen, wie ein Sprecher der US-Marine der Washington Post mitteilte:
Joseph Gradisher: „Wir wollen der Sache auf den Grund gehen. Wir müssen feststellen, wer es tut, woher es kommt und was seine Absicht ist. Wir müssen versuchen, Mittel und Wege zu finden, um zu verhindern, dass es wieder passiert.“
Am 22. Mai bestätigte Pentagon-Sprecher Christopher Sherwood gegenüber der New York Post zum ersten Mal direkt, dass das Pentagon im Rahmen von AATIP Unidentified Aerial Phenomena (UAP, der neue Term für UFO) untersucht habe und dies bis zum heutigen Tag tue.
„Das Verteidigungsministerium ist immer darum bemüht, alle Flugzeuge in unserem Betriebsumfeld positiv zu identifizieren und alle ausländischen Fähigkeiten zu identifizieren, die eine Bedrohung für das Land darstellen könnten“, sagte Sherwood. „Das Ministerium wird weiterhin im Rahmen der üblichen Verfahren Berichte über nicht identifizierte Flugzeuge untersuchen, die von US-Militärfliegern entdeckt wurden, um die Verteidigung des Heimatlandes und den Schutz vor strategischen Überraschungen durch die Gegner unserer Nation zu gewährleisten.“
Am 26. Mai präsentierte die New York Times neue Einzelheiten in einem Artikel, der wie bereits im Dezember 2017 von Leslie Kean, Helene Cooper und Ralph Blumenthal verfasst worden war. Darin schildern Navy-Piloten ihre Nahbegegnungen mit UFOs im Zeitraum 2014-2015:
„Die seltsamen Objekte, eines davon wie ein Kreisel, der sich gegen den Wind bewegte, erschienen fast täglich vom Sommer 2014 bis März 2015 hoch oben am Himmel über der Ostküste. Marinepiloten berichteten ihren Vorgesetzten, dass die Objekte keine sichtbaren Motor- oder Infrarot-Abgasfahnen hätten, dass sie jedoch 30.000 Fuß und Überschallgeschwindigkeiten erreichen könnten.“
„Diese Dinge waren den ganzen Tag da draußen“, sagte Lt. Ryan Graves, ein F/A-18 Super Hornet Pilot, der seit 10 Jahren bei der Marine ist und seine Sichtungen dem Pentagon und dem Kongress gemeldet hat. „Ein Flugzeug in der Luft zu halten, erfordert einen erheblichen Energieaufwand. Bei den beobachteten Geschwindigkeiten sind 12 Stunden in der Luft 11 Stunden länger, als wir erwarten würden.“
Das Video dazu hatte die To The Stars Academy bereits längere Zeit zuvor veröffentlicht, ohne jedoch Einzelheiten zu Ort und Zeitpunkt zu nennen (Das sogenannte „Gimbal-Video“)
Die New York Times hat mit insgesamt fünf Marine-Piloten gesprochen, die 2014 und 2015 bei Trainingsmanövern nahe des Flugzeugträgers Theodore Roosevelt die Objekte gesehen haben. Die Piloten begannen, die Objekte zu bemerken, nachdem ihr Radar aus den 80er Jahren auf ein fortschrittlicheres System aufgerüstet worden war. Als ein Kampfflugzeug nach dem anderen das neue Radar erhielt, bemerkten immer mehr Piloten die Objekte, ignorierten aber zunächst die ihrer Meinung nach falschen Radarspuren. Laut den interviewten Piloten konnten die erfassten Objekte ruckartig beschleunigen, stoppen und Hyperschallgeschwindigkeiten erreichen. Sie wurden offenbar nicht nur auf dem Radar gesichtet. Ein Pilot soll Ende 2014 direkt auf eines der Fluggeräte zugeflogen sein. „Es sah für den Piloten aus, sagte Lieutenant Graves, wie eine Kugel, die einen Würfel umschließt.“
Auf die Frage, was die Objekte ihrer Meinung nach seien, weigerten sich die Piloten, Spekulationen anzustellen. „Wir haben Hubschrauber, die schweben können“, sagte Lieutenant Graves. „Wir haben Flugzeuge, die in 30.000 Fuß Höhe und direkt an der Oberfläche fliegen können. Aber „kombinieren Sie das alles in einem Fahrzeug irgendeiner Art ohne Triebwerk, ohne Abgasfahne.“
Am 28. Mai legte die Washington Post mit einem Kommentar nach: „UFOs gibt es wirklich und wir müssen uns mit diesem Fakt auseinandersetzen. UFOs sind nicht dasselbe wie außerirdisches Leben, aber wir sollten beginnen, über die Möglichkeit nachzudenken.“
UFOs erst durch neues Radarsystem offensichtlich
In der Geschichte der New York Times wird jedoch nicht erwähnt, dass die interviewten Piloten während ihrer Sichtungen in der Nähe des Flugzeugträgers der Nimitz-Klasse USS Theodore Roosevelt an einer Reihe besonders wichtiger Übungen teilnahmen. Erst nach einer vierjährigen Generalüberholung, auch bekannt als Refueling and Complex Overhaul (RCOH), im August 2013 war der Flugzeugträger in die Flotte zurückgekehrt. Dieser Prozess beinhaltete die Installation verschiedener Upgrades, wie z.B. Systeme, die mit der neuesten operativen Iteration der Cooperative Engagement Capability (CEC) der Marine und ihrer integrierten integrierten Naval Integrated Fire Control-Counter Air (NIFC-CA) Architektur verbunden sind. (Quelle: TheDrive.com)
Dies ist ein wichtiges Detail. Denn bereits elf Jahre zuvor war es zu einer UFO-Sichtungswelle in der Nähe des Flugzeugträgergeschwaders USS Nimitz gekommen. Damals fanden die ersten Tests des neuen Radarsystems statt, das aus verschiedenen boden- und luftgestützten Radarsensoren in Echtzeit ein höchst detailliertes Luftlagebild erzeugt. Damit liefert das Pentagon eine auf den ersten Blick überzeugende Erklärung dafür, warum man sich erst jetzt über UFOs zu Wort meldet.
UFOs wurden schon vorher vom Militär registriert
Doch ein Blick in die Geschichte zeigt: Schon seit Jahrzehnten berichten US-Militärangehörige von auf Radar erfassten Objekten mit Flugmanövern, die weit jenseits der Grenzen heutiger Technologie liegen. Ein leitender Beamter der CIA bemerkte dazu in einem Memo: „Sichtungen unerklärter Objekte, die in großer Höhe und mit hoher Geschwindigkeit in der Nähe wichtiger US-Verteidigungsanlagen gemacht werden, können nicht mit Naturphänomenen oder bekannten Flugzeugtypen erklärt werden.“ Man befürchtete zudem, die Sowjets könnten das gesteigerte Interesse der US-Bevölkerung an UFOs nutzen, um eine Massenhysterie und Panik in der Öffentlichkeit auszulösen. Um der Situation Herr zu werden, berief die CIA bereits 1953 das sogenannte „Robertson Panel“ ein. Die geheime Kommission betrachtete die „fortgesetzte UFO-Berichterstattung“ als Bedrohung für die „ordnungsgemäße Funktionsweise“ der Regierung. Sie empfahl „unverzügliche Schritte“ zu unternehmen, um „den UFOs ihren Sonderstatus und die Aura des Mysteriösen zu entziehen, die sie unglücklicherweise erlangt“ hätten. Dies, so die CIA-Kommission, sei am besten durch ein „integriertes Programm“ zu erreichen, durch das „die Öffentlichkeit von dem absoluten Nichtvorhandensein von Beweisen für fremde Mächte hinter dem Phänomen“ überzeugt werden sollte. Schließlich empfahl das Robertson Panel, dass die CIA untersuchen sollte, auf welche Weise UFO-Sichtungen zu Zwecken der psychologischen Kriegsführung für oder gegen die Vereinigten Staaten von Amerika eingesetzt werden könnten.
Vor diesem Hintergrund habe ich mit großer Spannung darauf gewartet, was die To The Stars Academy – ein Club früherer (noch aktiver?) Geheimdienstmitarbeiter und Militärs – der Öffentlichkeit in ihrer History-Dokuserie mitzuteilen hat. Ohne spoilern zu wollen: Die erste Episode hat mich überrascht.
Unidentified – Folge 1
Die Folge ist typisch amerikanisch sehr szenisch und mit schnellen Schnitten gestaltet. Sie zeichnet sich durch einen hohen Grad von Inszenierung aus, was erstaunlich ist, wenn man bedenkt, dass hier also die ganze Wahrheit präsentiert werden soll. Vielleicht ist diese Einschätzung aber auch meinem persönlichen europäischen Gusto geschuldet. Gleich zu Beginn greifen die Macher die Schlagzeile der New York Times von Dezember 2017 auf. Es wird Luis Elizondo eingeführt, der Geheimdienstmitarbeiter, der – natürlich – in einem abgedunkelten Raum durch eine halb geschlossene Jalousie nach außen blickt. Es gibt viele solcher Szenen: Elizondo im Auto, der zufällig gerade dabei gefilmt wird, als er einen entscheidenden Anruf erhält. Elizondo, der einen futuristisch anmutenden Tunnel hinabschreitet. Elizondo, der mit Militärrucksack auf dem Rücken einen alten Bekannten vom Militär begrüßt. Die Inszenierung geht sogar so weit, dass Elizondo gezeigt wird, wie er vor Beginn seiner Befragung einer Kampfjetpilotin diese darauf hinweist, dass klassifizierte Informationen nicht preis gegeben werden dürfen. Sollte dies geschehen, würde er das Gespräch sofort abbrechen. Dann verschränkt er vielsagend die Arme. Wenn man weiß, dass Elizondo während seiner Tätigkeit bei AATIP bereits mit dem Fall betraut war, wirkt die Szene umso gestellter. Zudem weist Elizondo das Drehteam vor der Kamera an, den wahren Namen der Pilotin nicht einmal in internen E-Mails weiterzugeben. Ganz klar: Hier soll dem Zuschauer mitgeteilt werden, dass Vieles noch geheim ist.
Dann wird der Navy-Pilot Commander Fravor eingeführt – standesgemäß mit Schnittbildern von Fravor im Cockpit eines Kampfjets, an Bord eines echten Flugzeugträgers. Sollte es sich hier nicht um eine Computeranimation handeln, weist allein die Existenz dieser Aufnahmen auf einen besonders hohen Grad der Zusammenarbeit zwischen dem Drehteam der To The Stars Academy und dem US-Militär hin.
Es fällt auf, dass die Protagonisten der Folge bemüht sind, Respekt und Anerkennung zu schaffen. Der Politico-Journalist Bryan Bender geheimnisvoll über Luis Elizondo: „Luis ist in vielerlei Hinsicht ein Rätsel. (…) Chris Mellon wird als einflussreicher, hochrangiger Geheimnisträger vorgestellt. Elizondo über Chris Mellon: „Er kennt alle Geheimnisse.“ Chris Mellon: „Wenn wir weiterhin Glaubwürdigkeit aufbauen können, dann können wir den nächsten Schritt unternehmen.“ Nochmal Bender: „Mellon und Elizondo sind immer noch im Business, wenn man so will.“
Ganz nebenbei werden andere brisante Themen erwähnt: So sei Chris Mellon während der Anschläge des 11. September 2001 im Pentagon gewesen. Es folgt ein Bild der 20 Teppichmesserterroristen. Und dass die Initiative Tom DeLonges durch von Wikileaks veröffentlichte E-Mails an John Podesta bekannt geworden ist, dafür seien natürlich russische Hacker verantwortlich. In beiden Fällen bekräftigt die Serie das offizielle Narrativ der Geschehnisse, ohne zu hinterfragen.
Immerhin erfahren wir, dass inzwischen geheime Briefings mit Abgeordneten im US-Senat stattgefunden haben sollen.
Eine der letzten Einstellungen: Elizondo spricht auf einer MUFON-Konferenz: „Disclosure ist ein Prozess und ich denke, dieser Prozess hat gerade begonnen.“ Damit hat er wohl Recht. Doch es ist „Disclosure“ in amerikanischer Machart – mit offensichtlicher Inszenierung, Verstrickung der US-Geheimdienste, großer kampagnenartiger Berichterstattung der Leitmedien, vielen Geheimnissen und Widersprüchen.
Wie hätte es auch sonst ablaufen sollen in den USA.
Fest steht: Bis 2017 hatten das US-Militär, der Militärgeheimdienst, Teile der Regierung und die Leitmedien das UFO-Phänomen lächerlich gemacht und weggeredet. Nun die 180-Grad-Wende: Jetzt sollen UFOs wieder salonfähig gemacht werden.
Was bislang nicht feststeht ist, zu welchem Zweck dies geschieht.