Es ist möglich an Gott und an Außerirdische zu glauben. Die Existenz anderer Welten und anderen Lebens, welches noch höher entwickelt ist als das Unsrige, kann akzeptiert werden, ohne dass es zu einer Einmischung in die Diskussion um den Glauben an Schöpfung, die Inkarnation und die Erlösung kommt. Worte eines Astronomen und Priesters. Worte von Jose Gabriel Funes, Direktor des vatikanischen Observatoriums.

Vater Funes ist Argentinier, 45 Jahre alt und Jesuit. Seit August 2006 hat Vater Funes die Schlüssel zu dem historischen, päpstlichen Palast von Castel Gandolfo, welcher von Papst Pius XI 1930 zur neuen Sternwarte ernannt wurde, in der Hand.

Er ist ein wenig Philosoph und ein bisschen Forscher, wie alle Astronomen. Die Betrachtung des Himmels ist für ihn der authentischste menschliche Akt, der gemacht werden kann, „da es unser Herz erweitert und uns dabei hilft uns aus den vielen Höllen, die der Mensch auf der Erde geschaffen hat – Gewalt, Krieg, Armut, Unterdrückung – zu befreien.“, erklärt er der L’Osservatore Romano.

LOR: Wie kam es zu dem Interesse der Kirche und der Päpste an der Astronomie?

Funes: Die Ursprünge lassen sich bis zu Papst Gregor XIII. zurückverfolgen, der die Kalenderreform 1582 durchführte. Cristoforo Clavio, Jesuit des Collegio Romano, war Teil einer Kommission, die diese Reform studierte. Zwischen 1700 und 1800 wurden, auf päpstliche Initiative, drei Observatorien gegründet. Dann im Jahr 1891, in dem Moment als es zu Konflikten zwischen der Kirche und der wissenschaftlichen Welt kam, wollte Papst Leo XIII. ein vatikanisches Observatorium gründen, oder besser gesagt: neu gründen. Er tat dies um zu zeigen, dass die Kirche nicht gegen die Wissenschaft war, sondern eine, nach seinen Worten „wahre und solide“ Wissenschaft, fördern wollte. Das Observatorium wurde von daher also vor einem wesentlich apologetischem Hintergrund geschaffen, aber mit den Jahren wurde es Teil eines Dialoges zwischen der Kirche und der Welt.

LOR: Bringt uns das Studium der Gesetze des Kosmos näher oder weiter weg von Gott?

Funes: Die Astronomie hat einen tiefen, menschlichen Wert. Es ist eine Wissenschaft, die das Herz und den Verstand öffnet. Sie hilft uns unser Leben, unsere Hoffnungen und unsere Probleme in die richtige Perspektive zu setzen. In diesem Sinne, und hier spreche ich als Priester und Jesuit, ist sie auch ein großes, apostolisches Werkzeug, die uns näher zu Gott bringen kann.

LOR: Geben Sie uns ein Beispiel!

Funes: Vergessen Sie nicht, dass etwa dreißig Krater des Mondes nach jesuitischen Astronomen aus der Antike benannt sind. Und dass ein Asteroid unseres Sonnensystems nach meinem Vorgänger im Observatorium, Vater George Coyne, benannt ist. Man könnte sich außerdem daran erinnern, wie wichtig die Beiträge von Vater O’Connell für die Individualisierung der „green ray“ waren oder wie Bruder Consolmagno bei der Deklassifizierung von Pluto mithalf. Es versteht sich von selbst die Arbeit von Vater Corbally, Vize-Präsident unseres astronomischen Zentrums in Tuscon, zu nennen, der zusammen mit einem Team der NASA an der Entdeckung arbeitete, wie die Reste von Asteroiden bei der Bildung von Binär-Sternensystemen mitwirken.

LOR: Kann das Interesse der Kirche am Studium des Universums damit erklärt werden, dass die Astronomie die einzige Wissenschaft ist, die mit der Unendlichkeit zu tun hat und daher auch mit Gott?

Funes: Um genau zu sein, das Universum ist nicht unendlich. Es ist sehr groß, aber endlich, denn es hat ein Alter: über 14 Milliarden Jahre, nach unseren jüngsten Ergebnissen. Und wenn es ein Alter hat, bedeutet dies, dass es über eine Grenze im Raum verfügt. Das Universum wurde in einem bestimmten Augenblick geboren und expandiert kontinuierlich.

LOR: Woraus ist es entstanden?

Funes: Aus meiner Sicht ist die Urknall-Theorie nach wie vor die beste Erklärung für die Herkunft des Universums. Diese Theorie ist zu diesem Zeitpunkt der wissenschaftliche Standpunkt.

LOR: Und an diesem Punkt, was geschah da?

Funes: Für 300.000 Jahre blieben Materie, Energie und Licht in einer Art Mischung. Das Universum war undurchsichtig. Dann wurden sie getrennt. Angesichts der Tatsache, dass wir nun in einem transparentem Universum leben, können wir nun Licht sehen. Das Licht, der von uns am weitesten entfernten Galaxie, braucht z.B. bis zu uns 11 bis 12 Milliarden Jahre. Man muss sich in Erinnerung rufen, dass das Licht eine Geschwindigkeit von 300.000 Kilometern pro Sekunde hat. Und diese begrenzten Beweise zeigen uns, dass das heutige beobachtete Universum nicht unendlich ist.

LOR: Steht die Urknall-Theorie im Widerspruch zur Vision des Glaubens an die biblische Schöpfung?

Funes: Als Astronom glaube ich weiterhin, dass Gott der Schöpfer des Universums ist und dass wir nicht ein Produkt des Zufalls, sondern Kinder eines guten Vaters sind, der eine Aufgabe für uns hat und Liebe für uns empfindet. Die Bibel ist nicht grundsätzlich ein wissenschaftliches Buch. Wie Verbum Dei betont ist es das Buch von Gottes Wort an die Menschen. Es handelt sich um einen Liebesbrief von Gott an sein Volk in einer zwei- oder dreitausend Jahre alten Sprache. Natürlich hätte das Big-Bang-Konzept zu dieser Zeit sehr seltsam geklungen. Deshalb können in der Bibel keine wissenschaftlichen Antworten gefunden werden. Auf die gleiche Weise wissen wir nicht, ob in mehr oder weniger naher Zukunft die Urknall-Theorie durch eine andere, umfassendere Erläuterung des Ursprungs des Universums ersetzt wird. Derzeit ist es das Beste und steht nicht im Widerspruch zum Glauben. Es ist vernünftig.

LOR: Aber die Genesis spricht von der Erde, den Tieren, Männern und Frauen. Schließt dies die Möglichkeit der Existenz anderer Welten oder Lebewesen im Universum aus?

Funes: Aus meiner Sicht besteht diese Möglichkeit. Astronomen sagen, dass das Universum 100 Milliarden Galaxien enthält, wobei jede von ihnen aus 100 Milliarden Sternen besteht. Viele von ihnen, oder fast alle, könnten von Planeten umkreist werden. Wie kann es da nicht sein, dass sich Leben auch anderswo entwickelt hat? Es gibt einen Zweig in der Astronomie, die Astrobiologie, die diese Aspekte studiert hat und große Fortschritte in den letzten Jahren gemacht hat. Durch die Analyse der Lichtspektren, die von anderen Sternen und Planeten zu uns gelangen, wird es bald möglich sein die Elemente ihrer Atmosphären zu bestimmen, die sogenannten Biomakers, und die Bedingungen für die Entstehung und Entwicklung des Lebens zu verstehen. Für die anderen Planeten gilt: Lebensformen könnten theoretisch auch ohne Sauerstoff und Wasserstoff existieren.

LOR: Sprechen wir jetzt über uns ähnliche oder sogar weiterentwickelte Wesen?

Funes: Es ist möglich. Bis jetzt haben wir keine Beweise. Aber sicherlich können wir diese Hypothese, in Anbetracht der Größe des Universums, nicht ausschließen.

LOR: Und dies wäre kein Problem für unseren Glauben?

Funes: Ich glaube nicht. Es gibt eine Vielzahl von Kreaturen auf der Erde, da könnte Gott auch andere, intelligente Wesen geschaffen haben. Dies steht nicht im Gegensatz zu unserem Glauben, denn wir können der kreativen Freiheit Gottes keine Grenzen setzen. Um es mit den Worten des heiligen Franziskus zu sagen, der die irdischen Kreaturen als „Schwestern“ und „Brüder“ bezeichnete: Warum können wir nicht auch von einem „außerirdischem Bruder“ sprechen? Es wäre ein Teil der Schöpfung.

LOR: Und was ist mit der Erlösung?

Funes: Wir haben das Bild aus dem Evangelium vom verlorengegangenem Schaf. Der Pastor verlässt die Herde von 99 Schafen um nach dem einen, verlorengegangenem Schaf zu suchen. Wir sind der Meinung, dass es in diesem Universum 100 Schafe gibt, bildlich gesprochen für die vielfältigen Kreaturen im Universum. Die menschliche Rasse könnte genau das einhundertste, verlorene Schaf sein; Sünder, die einen Pastor brauchen. Gott wurde menschlich in Jesus um uns zu retten. So betrachtet, wenn andere intelligente Wesen existieren, ist es nicht gesagt, dass diese die Erlösung bräuchten. Sie könnten nach wie vor in tiefer Freundschaft mit ihrem Schöpfer leben.

LOR: Die Schlussfolgerung wäre: Wenn sie Sünder wären, wäre die Erlösung auch für sie möglich?

Funes: Jesus inkarnierte einmal für alle. Die Inkarnation ist ein einzigartiges und unwiederholbares Ereignis. Ich bin daher sicher, dass sie in gewisser Weise die Möglichkeit hätten die Barmherzigkeit Gottes zu genießen, so wie wir Menschen dies tun können.

LOR: Nächstes Jahr, zum 200. Jahrestages der Geburt Darwins, wird die Kirche wieder mit der Evolution konfrontiert werden. Könnte die Astronomie einen Beitrag zu diesem Konflikt bieten?

Funes: Als Astronom kann ich sagen, aus Beobachtungen von Sternen und Galaxien, dass es einen evolutionären Prozess gibt. Dies ist eine wissenschaftliche Tatsache. Hier sehe ich auch keinen Widerspruch zwischen dem, was wir lernen können von der Evolution, vorausgesetzt, es wird nicht zu einer absoluten Ideologie, und unserem Glauben an Gott. Es gibt grundlegende Wahrheiten, die deshalb nicht geändert werden: Gott ist der Schöpfer, sie Schöpfung ist sinnvoll, wir sind keine Kinder des Zufalls.

LOR: Ist aus diesen Überzeugungen heraus ein Dialog mit der Wissenschaft möglich?

Funes: Ich würde sagen, es ist notwendig. Glaube und Wissenschaft sind nicht unvereinbar. Johannes Paul II. sagte es und Benedikt XVI hat es wiederholt: Glaube und Vernunft sind die beiden Flügel, mit denen sich der menschliche Geist erhebt. Es besteht kein Widerspruch zwischen dem, was wir mit Hilfe des Glaubens wissen und dem, was wir mit Hilfe der Wissenschaft lernen. Es kann Spannungen und Konflikte geben, aber wir sollten keine Angst davor haben. Die Kirche sollte keine Angst vor der Wissenschaft und ihren Entdeckungen haben.

LOR: Wie als Gegenteil zu dem, was mit Galileo passierte?

Funes: Dies war sicherlich ein Fall, der die Geschichte der kirchlichen Gemeinschaft und der wissenschaftlichen Gemeinschaft gekennzeichnet hat. Es ist nutzlos zu negieren, dass der Konflikt stattfand. Und vielleicht geschieht in der Zukunft ähnliches. Aber ich denke, der Moment ist gekommen weiter zu gehen und in die Zukunft zu schauen. Dieser Vorfall hat seine Wunden hinterlassen. Es gab Missverständnisse. Die Kirche hat in gewisser Weise ihren Fehler erkannt. Vielleicht hätte sie es besser machen können. Aber jetzt ist es an der Zeit diese Wunden zu heilen. Und dies kann realisiert werden im ruhigen Dialog der Zusammenarbeit. Die Menschen brauchen die Wissenschaft und den Glauben um sich gegenseitig zu helfen, aber ohne den Verrat an der Klarheit und Ehrlichkeit ihren jeweiligen Positionen.

LOR: Aber warum ist die Zusammenarbeit heute trotzdem so schwierig?

Funes: Ich glaube, eines der Probleme in der Beziehung zwischen Wissenschaft und Glauben ist die Unwissenheit. Auf der einen Seite, sollten Wissenschaftler lernen die Bibel richtig zu lesen und zu verstehen, die Wahrheiten unseres Glaubens. Auf der anderen Seite sollten Theologen und Kirchenmänner sich auf den aktuellen Stand der Wissenschaft bringen, denn diese gibt wirksame Antworten auf Fragen, die wir ständig stellen. Leider fehlt in Schulen und Gemeinden die Möglichkeit zu helfen Glauben und Wissenschaft zu integrieren. Katholiken bleiben oft auf dem Wissensstand stehen, auf dem sie der Katechismus vorbereitet hat. Ich glaube, dies ist, aus einer pastoralen Sicht, eine wahre und charakteristische Herausforderung.

LOR: Was kann das Observatorium in diesem Sinne tun?

Funes: Johannes XXIII sagte, unsere Mission sei es die Kirche den Astronomen und die Astronomie der Kirche zu erklären. Wir sind wie eine kleine Brücke zwischen der Welt der Wissenschaft und der Kirche. Entlang dieser Brücke gibt es einen Weg, der in die eine Richtung geht und einen Weg, der in die andere Richtung führt. Wie Benedikt XVI auf der letzten Generalcongregation zu uns Jesuiten sagte: wir sollten die Männer an der vordersten Front sein. Ich glaube, dass Observatorium hat folgende Mission: an der Grenze zwischen der Welt der Wissenschaft und der Welt des Glaubens sollten wir Zeugnis ablegen, dass es möglich ist an Gott zu glauben und ein guter Wissenschaftler zu sein.

Quelle: http://padrefunes.blogspot.com/2008/05/extraterrestrial-is-my-brother.html

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