Alexander Wendt beim Sol Symposium 2024
Alexander Wendt beim Sol Symposium 2024

Im schlimmsten Fall drohe die Errichtung totalitärer Staaten, so Dr. Alexander Wendt.

Der renommierte Politikwissenschaftler Alexander Wendt von der Ohio State University präsentierte in seinem Vortrag beim Sol Foundation Symposium 2024 eine Analyse der UAP-Thematik aus der Perspektive der internationalen Beziehungen (IR), wobei er sich insbesondere auf die potenziellen Bedrohungen für die nationale Sicherheit konzentrierte. Eine Rückkehr zum UAP-Tabu erscheine nicht mehr denkbar. Doch Wendt sieht beträchtliche Herausforderungen für die Menschheit, sollte es zu einer Enthüllung der Existenz nicht-menschlicher Intelligenz kommen. Er argumentiert, dass die größte Bedrohung nicht von den UAPs selbst ausgeht, sondern von den menschlichen Reaktionen auf ihre Entdeckung, die zu einer Art „Autoimmunreaktion im globalen Staatswesen“ führen könnte. Im schlimmsten Fall, so Wendt, könne der drohende Kontrollverlust der Regierungen zur Errichtung sogenannter „Garrison-Staaten“ führen, deren einziges Ziel darin besteht, die bestehende Ordnung durch Krieg aufrecht zu erhalten.

Umso wichtiger sei es, dass die gesellschaftlichen Folgen bedacht werden und die Enthüllung auf vorsichtige und demokratische Weise geschieht, idealerweise in internationaler Zusammenarbeit.

Dr. Alexander Wendt, „The Last Humans: UFOs and National Security“

Hier sind die wichtigsten Punkte seines Vortrags zusammengefasst:

  • IR-Perspektive: Wendt betont, dass die internationale Politik von Macht, Konflikten und nationaler Sicherheit geprägt ist. In dieser Sichtweise ist es wichtig, vom Schlimmsten auszugehen, was seine Analyse beeinflusst.
  • Securitization: Wendt erläutert, dass Regierungen oft etwas als Bedrohung einstufen (Securitization), um außerordentliche Maßnahmen zu rechtfertigen. Der erste Pentagon-Bericht über UAPs qualifizierte diese als potenzielle Bedrohung für die nationale Sicherheit, was Wendt als den wichtigsten Aspekt dieses Berichts hervorhebt.
  • Das Buch: Wendt schreibt gerade ein Buch mit dem Titel „The Last Humans, UFOs and National Security“, das als eine Art Fortsetzung des Pentagon-Berichts dienen soll. Es geht der Frage nach, wie die Entdeckung von UAPs als nationaler Sicherheitsbedrohung verstanden werden kann, insbesondere wenn die ET-Hypothese in Betracht gezogen wird.
  • Zwei Arten von Sicherheit: Wendt unterscheidet zwischen physischer Sicherheit (Schutz von Körpern und Staaten) und ontologischer Sicherheit (psychische Bindung an Identität, Weltanschauungen und Lebensweisen). Während er keine direkte physische Bedrohung durch ETs sieht, sieht er eine erhebliche Bedrohung für die ontologische Sicherheit.
  • Anthropozentrismus: Wendt argumentiert, dass der Anthropozentrismus (die Vorstellung, dass der Mensch das Maß aller Dinge ist) eine grundlegende Ideologie der modernen Welt ist. Diese Ideologie umfasst die Annahmen, dass Menschen die intelligentesten Wesen sind, über die Erde herrschen und den Wert aller Dinge definieren.
  • Der Gesellschaftsvertrag: Der Gesellschaftsvertrag basiert laut Wendt auf anthropozentrischem Denken. Er ist ein Vertrag zwischen dem Staat und den Menschen, bei dem der Staat Schutz bietet und die Bürger Gehorsam leisten.
  • Gedankenexperiment zur Entdeckung von ETs: Wendt führt ein Gedankenexperiment durch, in dem 50 Jahre nach intensiver Forschung und Diskussion die wissenschaftlichen und politischen Behörden die ETH akzeptieren und dies bekannt geben. Dies führt zur Annahme, dass die UAPs ausserirdischen Ursprungs sind und die Informationen veröffentlicht werden. Er betont den Unterschied zwischen der Entdeckung und dem Kontakt mit ETs, wobei er sich auf den einfachen Fall der Entdeckung konzentriert.
  • Ontologischer Schock: Die Entdeckung von ETs würde laut Wendt zu einem ontologischen Schock führen, da sie den Anthropozentrismus widerlegt, die menschliche Inferiorität im Vergleich zu ETs aufdeckt und die Machtlosigkeit des modernen Staates offenbart.
  • Autoimmunreaktion: Wendt befürchtet, dass der ontologische Schock zu einer Lockerung der Bindung an den Staat führt, was die Kohäsion des Staates verringern, Misstrauen unter den Bürgern verstärken und die staatliche Autorität untergraben könnte.
  • Emotionen und Konflikte: Er identifiziert drei Emotionen, die die Reaktionen der Menschen polarisieren und Konflikte verursachen könnten: Wunder (die ET-Liebhaber), Angst (die ET-Hasser) und Opportunismus, der die Instabilität weiter verstärkt.
  • Garrison State: Wendt warnt, dass die Staaten versuchen könnten, die Ordnung durch die Einführung des Kriegsrechts wiederherzustellen, was zur Bildung eines Garrison States führen könnte (ein Staat, der vollständig für den Krieg organisiert ist).
  • UAP als politisches Problem: Wendt betont, dass die UAP-Problematik in erster Linie ein politisches und nicht nur ein wissenschaftliches Problem ist, da eine Entdeckung die menschliche Gesellschaft und Politik tiefgreifend verändern würde.
  • Die Weisheit des UFO-Tabus: Es gibt ein Argument für eine „edle Lüge“ (wie sie von Platon genannt wird), um zu vermeiden, dass Menschen überfordert werden, d.h. es ist besser zu sagen, dass UFOs nicht existieren. Da dies aber nicht mehr realistisch ist, müssen alternative Lösungen gefunden werden.
  • Offenlegung: Wendt spricht sich für eine langsame Offenlegung aus, um einen globalen Panik zu vermeiden, obwohl er eigentlich ein Befürworter der vollständigen Offenlegung ist. Er stellt die Frage, ob die Menschen wirklich wissen wollen, was UAPs sind, wenn dies bedeutet, dass sich ihre Welt drastisch verändert.
  • Internationalisierung: Wendt argumentiert, dass Staaten bei der UAP-Politik zusammenarbeiten sollten, aber es gibt auch starke Anreize, auf eigene Faust vorzugehen, um als erste eine Reverse-Engineering-Technologie zu entwickeln.
  • Die letzten Menschen: Er zieht eine Analogie zu unkontaktierten Stämmen im Amazonas-Regenwald und argumentiert, dass die Menschheit nach der Entdeckung von ETs kulturell nicht mehr dieselbe sein wird, selbst wenn sie physisch überlebt.

Zusammenfassend argumentiert Wendt, dass die größte Bedrohung durch UAPs nicht die ETs selbst sind, sondern die potenzielle Zerstörung der menschlichen Gesellschaftsordnung aufgrund der Entdeckung von ETs. Er schlägt vor, dass die UAP-Forschung nicht nur eine wissenschaftliche, sondern auch eine politische Aufgabe ist und dass bei der Offenlegung Vorsicht geboten ist.

In unserer Sendung ERSTKONTAKT #44 auf ExoMagazin.tv haben wir ausführlich über diesen Vortrag sowie weitere wichtige Beiträge beim Sol Symposium 2024 berichtet:

Wie Experten das Ende der UFO-Geheimhaltung vorbereiten: Das SOL Symposium 2024 | ERSTKONTAKT #44

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