Warum UFOs/UAPs so interessant für die Wissenschaft sind, erklärt Prof. Dr. Hakan Kayal im Interview
von Robert Fleischer
Jahrzehntelang galt das UFO-Thema als Tabu für die Wissenschaft. Wer es wagte, ein wissenschaftliches Interesse dafür zu bekunden, setzte seine Karriere aufs Spiel. An Fördermittel war nicht zu denken.
Zwar hat sich an der Lage mit den Fördermitteln noch nicht viel geändert – wohl aber am Tabu. Die Universität Würzburg zählt Unidentified Aerial Phenomena (UAP) nun ganz offiziell zu ihren Forschungsthemen. Verantwortlich hierfür ist der Raumfahrtingenieur Prof. Dr.-Ing. Hakan Kayal. Als Vorsitzender des Interdisziplinären Forschungszentrums für Extraterrestrik (IFEX) an der Uni Würzburg setzt er sich seit Jahren für die wissenschaftliche Erforschung unidentifizierter Flugobjekte ein.
Das IFEX wurde im Jahr 2016 gegründet und beschäftigt sich mit der fachübergreifenden Erforschung des Weltraums. Die Suche nach extraterrestrischen Intelligenzen war seit der Institutsgründung ein Thema. Nun rücken auch UAPs in den Fokus der Untersuchungen. „Ich denke, es ist sehr wichtig, weil das Phänomen sehr beharrlich seit über 74 Jahren da ist“, erklärt Prof. Kayal, „und ich bin der Meinung, dass die Phänomene aber so interessant sind, dass sie das Potenzial haben, neue Erkenntnisse zu liefern“.
Für die Wissenschaft von Interesse
Für den Würzburger UAP-Forscher Kayal werden Sichtungsberichte erst dann interessant, wenn es mehrere Zeugen gibt und wenn das Phänomen gleichzeitig auf mehreren Instrumenten erfasst wurde. „Es wird noch interessanter, wenn qualifiziertes Personal, das sich mit Flugzeugen, Luftfahrzeugen im Allgemeinen oder Raumfahrzeugen auskennt, auch involviert war und die Phänomene auch nach umfangreichen Untersuchungen immer noch nicht erklärt werden können“, erklärt Kayal. Der Wissenschaft könne das UAP Phänomen neue Erkenntnisse bescheren. Oftmals würden extreme Beschleunigungen und unmögliche Flugmanöver beschrieben, beispielsweise „wenn so ein Objekt in der Luft steht und dann urplötzlich lautlos beschleunigt, mit einer sehr hohen Geschwindigkeit wegfliegt oder um die Ecke fliegt, plötzlich in der Luft stehen bleibt“. Es könne sein, dass ein kleiner Teil dieser Berichte „wirklich auf echten Phänomenen beruht, die wir näher untersuchen sollten.“
Die Technologie
Seit dem Jahr 2008 arbeitet Prof. Kayal mit seinen Studenten an der Entwicklung eines Himmelsüberwachungssystems. Es besteht aus gewöhnlichen, optischen Kameras, deren Bilder mit Hilfe von künstlicher Intelligenz analysiert werden. Die neueste Version seiner Überwachungsstation ist seit Mitte Dezember 2021 auf dem Dach eines Universitätsgebäudes installiert. Seitdem sind über 200 Millionen Einzelfotos von seinem Algorithmus analysiert worden. 90 Prozent der erfassten Himmelsobjekte sind Vögel, die der Computer richtig aussortiert. Prof. Kayal und seine Studenten arbeiten stetig an der Verbesserung der Erkennungsgenauigkeit. Das Ziel besteht darin, sämtliche bekannten Himmelsobjekte automatisch „durch das Raster“ fallen zu lassen, damit am Ende nur noch jene Objekte übrig bleiben, die wirklich interessant sind.
Kaum Forschungsgelder
So vielversprechend die ersten Versuche sind – es handelt sich bislang nur um ein Pilotprojekt, das aus den bescheidenen Haushaltsmitteln der Universität finanziert wird. „Bisher haben wir es nicht geschafft, einen Förderantrag durchzubekommen“, sagt Prof. Kayal. Es gebe weder Fördermittel noch Drittmittel für die UAP-Forschung. Doch es gebe auch andere Akteure, die sich für das Projekt interessieren könnten, so Kayal, beispielsweise das Luftfahrt-Bundesamt, der Deutsche Wetterdienst oder auch das Max-Planck-Institut.
Die Beschaffung von Forschungsgeldern zählt derzeit zu den vorrangigen Zielen des Projekts – denn leistungsfähige Systeme sind sehr teuer. Bislang entwickeln die Forscher vor allem kostengünstige Systeme – doch diese haben bei weitem nicht die erforderliche Leistung zu bieten. Um die UAP-Forschung dennoch finanzieren zu können, hat IFEX auf seiner Webseite eine Kontonummer für Spenden veröffentlicht.
Auch für eine Zusammenarbeit mit der deutschen Bundeswehr zeigt sich Prof. Kayal offen: „Das einzige, was wir möchten, ist ja, das Phänomen aufzuklären. Natürlich sind dementsprechend an jeder Information interessiert, die natürlich ein gewisses Maß an Qualität aufweisen muss.“
Interdisziplinäre Erforschung
UAPs seien ein „sehr interdisziplinäres Phänomen“ und sollten nicht nur rein technisch untersucht werden, so Kayal. Auch andere Fachrichtungen könnten wichtige Erkenntnisse liefern, beispielsweise die Soziologie und Psychologie. Dafür sei sein Institut IFEX bestens aufgestellt.
Zusammenarbeit mit Forschern weltweit
Prof. Kayal steht in engem Austausch mit akadamischen UAP-Forschern weltweit. So wird er vom 3. bis 5. Juni bei der Scientific Conference on Anomalous Aerospace Phenomena (AAPC) der Scientific Coalition for UAP Studies in den USA teilnehmen und sein Projekt vorstellen. Auch mit Prof. Erling Strand vom Hessdalen Projekt in Norwegen und dem deutschen UFO-Forschungsverein GEP steht Kayal in Kontakt. Mit dem Galileo Project, der UAP-Forschungsgruppe des Astrophysikers Prof. Avi Loeb an der Harvard-University, gibt es überraschenderweise keine Zusammenarbeit, obwohl Prof. Kayal in der Gründungsphase mit an Bord war. „Es gibt einige Ansätze, wo ich anderer Meinung war, wie man vorgehen sollte, und darum haben wir jetzt im Moment keinen direkten Austausch“, erklärt der deutsche Raumfahrtingenieur, „aber das kann sich in Zukunft wieder ändern“.
Fest steht jedenfalls: Weltweit ist die wissenschaftliche Beschäftigung mit UAPs endlich in Bewegung geraten. Das ist in gutes Zeichen.